Im Frühjahr 1945: Unaufhaltsam rückt die Front auf das Westmünsterland zu. Nach der Landung der Westalliierten in der Normandie im Juni 1944 und der gleichzeitigen Offensive der Roten Armee im Osten ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland besiegt sein wird. Hitler hat durch seinen Propagandaminister Goebbels den „Totalen Krieg“ ausrufen lassen. Er will die bevorstehende Niederlage nicht wahrhaben. Die Deutschen sollen sich ohne Rücksicht auf Verluste „bis zum letzten Atemzug dem Feind entgegenstellen“.
Am 24. März 1945 überqueren die Alliierten den Rhein bei Wesel. Der Weg ist frei für einen schnellen Vorstoß ins Münsterland, um dann in einer großangelegten Zangenbewegung das Ruhrgebiet einzunehmen.
Vor diesem Hintergrund ist der „schwärzeste Tag in der Geschichte des Rheder St. Vinzenz-Krankenhauses“ zu sehen, der Bombenangriff vom 22. März 1945.
Um den Widerstand im westlichen Münsterland zu brechen, fliegen die Alliierten massive Bombenangriffe gegen Städte wie Bocholt, Borken oder Coesfeld.
Am Morgen des 22. März tauchen am Himmel über Rhede acht Bombenflugzeuge auf. Sie fliegen in weniger als 400 Metern Höhe und nehmen von Krechting kommend Kurs auf die Rheder Innenstadt. Unübersehbar für die Piloten ist das große rote Kreuz auf dem Dach des Rheder Krankenhauses, das in diesen Tagen als Kriegslazarett dient. Noch in der Nacht zuvor ist ein großer Transport mit Verwundeten und Schwerverletzten von der Front eingetroffen. Das Krankenhaus ist hoffnungslos überfüllt. Dann öffnen die Flugzeuge die Bombenschächte und lassen ihre tödliche Fracht auf Rhede fallen. Drei Bomben treffen das Krankenhaus, das größtenteils augenblicklich zusammenstürzt. 165 Menschen finden den Tod. Verzweifelt versuchen herbeigeeilte Helfer Überlebende aus den Trümmern zu befreien. Einige Patienten, die im Keller untergebracht waren, können lebend, aber schwer verletzt geborgen werden. Mit Leitern steigen Menschen unter Lebensgefahr in die oberen Stockwerke und suchen nach Überlebenden, da die Treppen nicht mehr benutzt werden können. Schließlich fällt auch dieser Teil des Krankenhauses in sich zusammen. Es bricht Feuer aus. Jede weitere Rettungsaktion wird unmöglich.
Die sterblichen Überreste der Opfer dieses Bombenangriffs werden auf dem nahegelegenen Rheder Friedhof in Massengräbern beigesetzt. Viele der Toten können nicht identifiziert werden.
Als man 1955 dieses Sammelgrab aufhob, um eine Kriegsgräber-Ehrenanlage zu schaffen, exhumierte man 175 Tote, die in 166 Grabstellen ihre letzte Ruhe fanden. Die meisten von ihnen zählen zu den Opfern des Angriffs auf das Krankenhaus. Es waren jedoch seit 1942 auch andere Kriegstote an dieser Stelle beigesetzt worden.
Eine Gedenktafel im Eingangsbereich des St.-Vinzenz-Krankenhauses erinnert an die schrecklichen Ereignisse aus den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs.
Anlässlich des 50. Jahrestages und Gedenktages der Bombardierung Rhedes und des Rheder Krankenhauses sagte der damalige Bürgermeister Üffing: „Wir sind nicht hier, um anzuklagen, sondern um zu trauern. Aber wir sind auch hier, daran zu erinnern, dass dieses entsetzliche Leid jener Jahre und dieses 22. März´ 45 Menschenwerk war. Von deutschem Boden gingen Krieg und Gewalt aus... So seien uns diese Toten auf alle Zeit eine Mahnung zum Frieden und zur Versöhnung unter den Völkern“ .
Quelle: Stadtarchiv Rhede